ein Bericht vom Dolomitenradmarathon Lienz am 14.06. 2015: Anfang gut, Ende schlecht wäre eine zu extreme Kurzfassung, daher will ich euch die Details nicht vorenthalten.
Temperatur beim Start in Lienz um 9.30 Uhr 23 Grad, leichte Bewölkung,
daher keine Regenjacke mit. Start gut gelungen, die ersten 20 flachen km
bis Oberdrauburg in der Spitzengruppe absolviert. Der Anstieg auf den
Gailbergsattel war für mich eine geile Sache, viele Konkurrenten mit
links überholt. Weniger geil war aber ein aufkommendes Gewitter auf dem
Gailbergsattel, innerhalb weniger Minuten beherrschten Blitz, Donner und
Gewitterregen die Szenerie.
Bei der Abfahrt nach Kötschach-Mauthen wollte ich im strömenden Regen
vor der ersten Kurve bremsen, doch es blieb beim Versuch, meine
Karbonfelgen verweigerten fast zur Gänze den Bremsdienst. Nur mit Mühe
konnte ich die Kurve meistern und einen Sturz verhindern. Das war
natürlich ein Warnschuss für mich und die restlichen Kurven absolvierte
ich wie auf rohen Eiern. Dass mich die meisten Mitstreiter, die ich beim
Anstieg überholt hatte wieder zurücküberholten, war auch klar. Doch es
wartete der teilweise sehr steile Anstieg auf den 1560 m hohen
Kartitscher Sattel, wo das nette Überholspiel wieder zu meinen Gunsten
ausging.
Die darauffolgenden Abfahrten waren für mich aus 2 Gründen eine einzige
Zitterpartie: Erstens auf Grund der stark verminderten Bremsleistung die
Kurven überhaupt zu erwischen, und zweitens fing mein Körper auf Grund
stärker werdender Unterkühlung zu zittern an. Mich konnte eigentlich nur
mehr eine Wetterbesserung retten. Aber diese Rettung war nicht in Sicht,
weil die Sicht durch den nach wie vor gnadenlos niederprasselnden Starkregen
miserabel war. Aber es war eine andere Rettung in Sicht, nämlich die vom
Roten Kreuz. Und nachdem sich wieder einmal meine Unterlippe durch akute
Blutleere bemerkbar machte (ich spürte sie nicht mehr), beschloss ich
das Rennen nicht im Ziel in Lienz, sondern bei km 85 im Rettungswagen zu
beenden. Dort nahmen sie mich mit offenen Armen auf (ich glaube, die
haben schon auf mich gewartet). Auf die Frage, was mit meinem doch nicht
billigen Rennrad geschehe, antwortete mir die Sanitäterin, ich soll es
nur in die Wiese legen, die Feuerwehr sammelt ohnehin alle herren- und
damenlosen Rennräder ein und verkauft sie beim Flohmarkt (nein, das mit
dem Flohmarkt ist natürlich ein Scherz). Aber mir war im Rettungswagen
noch nicht zum Scherzen zu Mute, trotz dreier Decken und liebevoller
Betreuung durch die Sanitäterin:" Hans Peter scheppert wie deppert". Und
das noch 20 Minuten lang.
Neben mir im Rettungswagen lag schon ein weiteres Kälteopfer, den haben
sie gleich brutal auf einer Bahre niedergeschnallt. So gesehen hatte ich
es besser, ich durfte sitzen. Und nicht einmal die E-card haben sie
verlangt. So sah ich auf der Fahrt im warmen Rettungsauto nach Lienz die
armen Hunde da draußen in der Kälte, ich hatte sehr großes Mitgefühl mit
denen da draußen. Ursprünglich meinte der Notarzt, wir beide (der
Niedergeschnallte und ich) müssten zur Untersuchung ins Krankenhaus
Lienz. Daraus wurde dann doch nichts, man brachte uns ins Sanitätszelt
in unmittelbarer Zielnähe. Versorgt mit einem heißen Tee und einer
wärmenden Decke machte ich mich mit den
klatschnassen Radschuhen im immer noch strömenden Regen auf den Weg zu
meinem Quartier. Nach einer ausgiebigen heißen Dusche machte ich mich
auf den Weg zur Dolomitenhalle, wo die Siegerehrung stattfand.
Mir ging es weniger um die Siegerehrung, sondern vielmehr um mein
Rennrad, das die Feuerwehr dorthin bringen sollte. Und wirklich, nach
ca. 3 Stunden Wartezeit konnte ich mein geliebtes Specialiced von der
freiwilligen Feuerwehr in Empfang nehmen( ich hoffe nur, dass sie beim Brandeinsatz
schneller agiert). Mit etwas Wehmut erfüllte mich die Tatsache, dass der
Sieger in meiner Altersklasse 55 Minuten langsamer war als ich voriges Jahr.
Aber am Wichtigsten war für mich, dieses Abenteuer ohne körperliche und
hoffentlich auch geistige Schäden überstanden zu haben.
Liebe Grüße
Hlavka Hans Peter